
Stefan Beyer – Die Grundlagen des Glaubens Teil 4b – Der Heilige Geist als Motor der Heiligung
Der Heilige Geist als Motor der Heiligung |
In Römer 1-5 beschreibt Paulus die wunderbare Errettung, die wir in Christus gefunden haben. Wir waren Sünder, die unter dem Zorn Gottes standen (Röm 1,18ff.). Keiner von uns hatte eine Chance, vor dem Gericht Gottes zu bestehen, egal wie äußerlich religiös wir auch sein mochten (Röm 2). Aber Gott hat in seiner großen Barmherzigkeit und Liebe seinen Sohn gesandt, um für uns als Sühneopfer zu sterben (Röm 3). Und nicht nur das, Jesus hat auch das Gesetz an unserer Stelle erfüllt und sein Gehorsam wird uns nun im Glauben angerechnet (Röm 4-5). Das heißt, Gott sieht uns so, als ob wir selbst vollkommen gehorsam und ihm treu ergeben waren. Durch das, was Jesus für uns getan hat, haben wir nun Frieden mit Gott und eine begründete Hoffnung, die auch durch die schwierigen Zeiten des Lebens trägt (Röm 5,1-5).
Was sollte für Paulus die logische Konsequenz davon sein, dass wir diese wunderbare Errettung in Christus empfangen haben? Dass wir ihm nun aus Liebe und Dankbarkeit dienen und ein Leben führen, das ihm Ehre bringt:
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Gebt auch nicht eure Glieder der Sünde hin als Werkzeuge der Ungerechtigkeit, sondern gebt euch selbst Gott hin als solche, die lebendig geworden sind aus den Toten, und eure Glieder Gott als Werkzeuge der Gerechtigkeit! (Römer 6,23)
Was könnte auch folgerichtiger sein? Wir waren vollkommen verloren in unsere Sünde, aber Gott hat seinen eigenen Sohn für uns gesandt, um uns zu erlösen. Dieser hat überall da triumphiert, wo unser Ahnherr Adam versagt hat. Aus Liebe gab er sein Leben für uns, um uns vor dem Zorn Gottes zu retten und uns freizusetzen aus der Herrschaft der Sünde und des Todes. Es sollte doch nun nichts Einleuchtenderes geben, als dass wir ihm unser ganzes Leben weihen und freudig alles tun, was ihm Ehre bringt, und alles lassen, was ihm missfällt.
Das traurigste Kapitel des Römerbriefs
Aber dem ist, wie wir alle wissen, nicht so. Wir sind ein Mischmasch aus Sünde und Gerechtigkeit, der vielfach versucht, das richtige zu tun, aber immer wieder scheitert und eingestehen muss, dass noch viel von dem alten Adam in uns steckt. Wir können uns sehr gut mit dem Versagen der Jünger identifizieren, die in den Evangelien die Herrlichkeit Jesu miterleben und trotzdem oft nichts Besseres zu tun haben, als darüber zu streiten, wer der Größte unter ihnen ist. Sie sind auf sich selbst und auf ihren eigenen Vorteil bezogen. Sie vertrauen Jesus nicht, obwohl er seine Vertrauenswürdigkeit zum x-ten Mal bewiesen hat. Sie verlassen ihn am Ende alle.
Paulus beschreibt dieses Wechselspiel des Gehorsams in dem wohl traurigsten Kapitel des Römerbriefs. Er beginnt das Kapitel 7 mit der wunderschönen Aussage, dass wir nun gewissermaßen mit Christus verheiratet sind und nun die Früchte des Gehorsams hervorbringen sollten:
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Also seid auch ihr, meine Brüder, dem Gesetz getötet worden durch den Leib des Christus, damit ihr einem anderen zu eigen [anvertraut] seid, nämlich dem, der aus den Toten auferweckt worden ist, damit wir Gott Frucht bringen. (Römer 7,4)
Aber das tun wir nicht. Wir tun immer wieder das, was wir eigentlich hassen. Ja, wir haben eine neue Natur bekommen und unser wahres Ich will dem Herrn vollständig dienen. Aber die Sünde bleibt in unseren Gliedern und verführt uns dazu, Dinge zu tun, die unserem himmlischen Bräutigam missfallen. Paulus beschreibt diese Dynamik aus seinem eigenen Leben:
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Denn wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist; ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft. Denn was ich vollbringe, billige ich nicht; denn ich tue nicht, was ich will, sondern was ich hasse, das übe ich aus. Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, so stimme ich dem Gesetz zu, dass es gut ist. Jetzt aber vollbringe nicht mehr ich dasselbe, sondern die Sünde, die in mir wohnt. Denn ich weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt; das Wollen ist zwar bei mir vorhanden, aber das Vollbringen des Guten gelingt mir nicht. Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will, das verübe ich. Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, so vollbringe nicht mehr ich es, sondern die Sünde, die in mir wohnt. Ich finde also das Gesetz vor, wonach mir, der ich das Gute tun will, das Böse anhängt. Denn ich habe Lust an dem Gesetz Gottes nach dem inneren Menschen; ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das gegen das Gesetz meiner Gesinnung streitet und mich gefangennimmt unter das Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist. Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem Todesleib? (Römer 7,14-24)
Ja, er möchte das Gute vollbringen, das, was Christus ehrt und ihn groß macht. Christus ist doch sein Leben und sein höchstes Verlangen ist, diesen Christus zu verherrlichen (Phil 1,20-21). Aber er tut dennoch immer wieder das, was er eigentlich hasst. Er hat zwar den Willen, Christus zu gehorchen, aber das Vollbringen stellt sich nicht immer ein. Er will das Böse im tiefsten Herzen nicht, verübt es aber dennoch immer wieder. Es ist ein regelrechter Streit in seinem Inneren zwischen der neuen Natur in Christus und der Sünde, die noch in seinen Gliedern wohnt. Paulus, der doch Christus so vollständig, so ungeteilt dienen will, muss bekennen, dass er ein elender Mensch ist. Er ruft nach Errettung aus diesem Leib der Sünde.
Kapitel 7 des Römerbriefs ist so traurig im Erzählstrang, den Paulus entfaltet, weil es so deplatziert wirkt. Wie kann jemand, der soviel Gnade erfahren hat, immer noch so viel Sünde verüben? Wieso reicht der Aufruf aus Römer 6, unser Leben als Werkzeug für Gott hinzugeben, nicht aus, das auch zu tun? Paulus beschreibt in Römer 7 nicht nur seine eigene traurige Erfahrung, sondern auch die der Jünger aus den Evangelien sowie von uns allen.
Das hoffnungsvollste Kapitel des Römerbriefs
Aber Paulus hört an dieser Stelle nicht auf, sondern der Römerbrief setzt die Erzählung fort. Mit Beginn des achten Kapitels durchbrechen Hoffnungsstrahlen die Traurigkeit des siebten Kapitels. Zunächst spricht Paulus den Gläubigen zu, dass aufgrund des Erlösungswerkes des Sohnes nichts mehr zur Verdammnis und zur Trennung von Gott führen kann:
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So gibt es jetzt keine Verdammnis mehr für die, welche in Christus Jesus sind. (Römer 8,1)
Auch wenn wir immer wieder versagen, wird uns doch nichts mehr aus der Gnade reißen können. Unsere Errettung ist fest und sicher. Gott wird sich niemals wieder von uns abwenden. Aber es geht noch weiter. Die große Hoffnung, die das achte Kapitel bringt, ist das Wirken des Heiligen Geistes. Gott hat uns nicht uns selbst überlassen. Er wohnt in uns in Form des Heiligen Geistes und wirkt mächtig in uns.
Der Heilige Geist ist jedem Gläubigen gegeben:
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Ihr aber seid nicht im Fleisch, sondern im Geist, wenn wirklich Gottes Geist in euch wohnt; wer aber den Geist des Christus nicht hat, der ist nicht sein. (Römer 8,9)
Der Heilige Geist wohnt ins uns und wirkt in uns:
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Wenn aber Christus in euch ist, so ist der Leib zwar tot um der Sünde willen, der Geist aber ist Leben um der Gerechtigkeit willen. Wenn aber der Geist dessen, der Jesus aus den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird derselbe, der Christus aus den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen durch seinen Geist, der in euch wohnt. (Römer 8,10-11)
Und der Heilige Geist heiligt uns. Durch ihn vermögen wir es, die Sünde in uns abzutöten:
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So sind wir also, ihr Brüder, dem Fleisch nicht verpflichtet, gemäß dem Fleisch zu leben! Denn wenn ihr gemäß dem Fleisch lebt, so müsst ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die Taten des Leibes tötet, so werdet ihr leben. (Römer 8,12-13)
Gott hat uns also nirgends uns selbst überlassen. Er hat seinen Sohn gesandt, um uns zu von der Schuld der Sünde zu erlösen. Und er hat seinen Geist gesandt, um uns von der Macht der Sünde zu erlösen. Es gibt keine größere Errettung!
Heiligung praktisch
Was heißt das aber nun für unser Glaubensleben? Zunächst einmal wird deutlich, dass nur der, der nach Heiligung strebt, überhaupt wirklich zu Jesus gehört. Paulus beschreibt in Römer 7 zwar seine traurige Erfahrung, immer wieder zu scheitern. Aber er macht auch deutlich, dass er eigentlich von seinem Wesen aus Gott gehorchen möchte.
Dennoch schafft er es nicht immer und hier setzt nun der Heiligungsprozess ein. Dieser ist nicht gegründet auf die Willensstärke des Gläubigen, sondern auf die Wahrheiten des Evangeliums und auf das mächtige Wirken des Geistes. Der Römerbrief entfaltet das großartige Erlösungswerk, das Gott durch Christus gebracht hat. Er will nicht nur einmal gelesen und dann abgehakt werden. Nein, stattdessen sollen wir über das Wort Gottes nachsinnen (Ps 1,2) und es tief in unserem Herzen bewegen (Lk 2,19). Desto mehr wir tief beeindruckt werden von allem, was Gott für uns getan hat, desto mehr wird die Liebe für unseren Retter wachsen und die Bereitschaft, ihm zu dienen.
Aber das allein reicht nicht aus. Römer 8 macht deutlich, dass wir Gott selbst benötigten, der uns die Kraft verleiht, ein heiliges Leben zu führen. Genau deshalb hat er seinen Geist gesandt, der nun in uns wohnt. Wir müssen eine bewusste Abhängigkeit von seinem Geist entwickeln und beten, dass Gott durch ihn das Werk in uns vorantreibt, das er mit der Errettung in Christus begonnen hat. Dazu gehört die Gewissheit, dass wir nicht mehr verdammt werden können (Röm 8,1). Dass Gott unsere Schwachheit kennt (Röm 8,26). Dass er den festen Plan verfolgt, uns Christus ähnlicher zu machen (Röm 8,29). Dass er unser Gebet erhört (Röm 8,32) und dass nichts uns jemals von seiner Liebe scheiden wird (Röm 8,39).
Römer 8 ermutigt uns, mit dem Wirken des Geistes in unserem Leben zu rechnen. Gott hat uns nicht allein gelassen. Er schenkt uns die Kraft, die wir benötigen, um ein Leben zu führen, das ihm Ehre bringt. Der Sohn setzt uns wirklich frei. Nicht nur von der Schuld der Sünde, sondern auch von der Macht der Sünde. Das tut er im Glauben, indem wir ihn und seinen Verheißungen fest vertrauen. Indem wir vertrauen, dass er uns durch den Heiligen Geist am innwendigen Menschen verändert und uns mit seiner Liebe erfüllt.
Der Heilige Geist ist der große Motor der Heiligung im Leben eines Christen. Nicht unsere Kraft, denn dann würden wir am Ende die Ehre bekommen. Nein, der Geist verändert uns und damit Gott allein. Dadurch geschieht am Ende alles durch Christus allein, im Glauben allein, aus Gnade allein und zur Ehre Gottes allein.